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vertraute Fremde

Identität

 

Die Frage, was unsere Identität ist, beschäftigt mich sehr. Die Ermittlung ist nicht nur geprägt von einzelnen Merkmalen, sondern verweist auf einen Komplex von psychischen und sozialen Phänomenen. diese üben eine große Wirkung auf unsere tägliches Leben aus. Für die Identifizierung unserer Seele spielen unser natürlicher Körper und seine Umgebung eine große Rolle. Diese wird gekennzeichnet durch Kultur, Politik, Religion und gesellschaft. Daraus folgt die Frage: Woher kommen wir und woher komme ich? Diese Thema will ich näher ausdeuten. Begegne ich einem Fremden, treffe ich zunächst auf sein Äußeres und seine allgemeine Erscheinung.

Ich beobachte sein Gesicht, seine Haarfarbe, sein Augen. Sehr Bedeutsam ist die Hautfarbe, womit ich eine unmittelbare, besondere, wenn auch allgemeine Zuordnung treffen kann. Ich teile den Fremde einer spezifischen Kulturgruppe und einer ethnischen Gruppe zu.

 

 

 

Das Substitut

 

In meinem Kunstprojekt gehe ich mit dem Motiv das Individuum in der Gemeinschaft um. Ausgangpunkt war die Frage: Kann man als Einzelwesen in der Masse untergehen?

Die Identität wird durch die Haut repräsentiert.

Ich habe mit einer internationalen Gruppe von achtzehn Teilnehmern experimentiert. Dabei wurden ihre Portraitblider manipuliert und die jeweiligen Hautfarben ausgetauscht. Am Computer fügte ich bei den Fotos in die Physiognomie der Teilnehmer das Hautbild eines anderen ein, so dass eine Vermischung der induviduellen Faktoren entstand. Mein Ziel war es, ihre Identität zu verwirren. Über diesen Vorgang und die Resultate erbat ich von den Teilnehmern einen schriftlichen Kommentar, um somit eien dialogische Reflexion über mein Werk und ihre existenzielle Bedeutung zu dokumentieren.

 

Zur Technik: Ich arbeite mit Digitalfotografie. das ausgedruckte farbige Papier wird auf Karton montiert und anschließend mit einem feinen Nylonstoff überzogen, um einen speziellen opaken, scheinbar stabilen Bildfarbwert zu erzeugen. Somit wird das Thema Substitut berührt und als Fotokollage durch die Arbeit mit Computer und manuellem Handwerk vollzogen.

Atlas der Teilnehmer/-innen

TEILNEHMERLISTE

Gemeinschaft

 

 

 

Wir sind fünf Freunde, wir sind einmal hintereinander aus einem Haus gekommen, zuerst kam der eine und stellte sich neben das Tor, dann kam oder vielmehr glitt so leicht, wie ein Quecksilberkügelchen gleitet, der zweite aus dem Tor und stellte sich unweit vom ersten auf, dann der dritte, dann der vierte, dann der fünfte. Schließlich standen wir alle in einer Reihe. Die Leute wurden auf uns aufmerksam, zeigten auf uns und sagten: »Die fünf sind jetzt aus diesem Haus gekommen.« Seitdem leben wir zusammen, es wäre ein friedliches Leben, wenn sich nicht immerfort ein sechster einmischen würde. Er tut uns nichts, aber er ist uns lästig, das ist genug getan; warum drängt er sich ein, wo man ihn nicht haben will. Wir kennen ihn nicht und wollen ihn nicht bei uns aufnehmen. Wir fünf haben zwar früher einander auch nicht gekannt, und wenn man will, kennen wir einander auch jetzt nicht, aber was bei uns fünf möglich ist und geduldet wird, ist bei jenem sechsten nicht möglich und wird nicht geduldet. Außerdem sind wir fünf und wir wollen nicht sechs sein. Und was soll überhaupt dieses fortwährende Beisammensein für einen Sinn haben, auch bei uns fünf hat es keinen Sinn, aber nun sind wir schon beisammen und bleiben es, aber eine neue Vereinigung wollen wir nicht, eben auf Grund unserer Erfahrungen. Wie soll man aber das alles dem sechsten beibringen, lange Erklärungen würden schon fast eine Aufnahme in unsern Kreis bedeuten, wir erklären lieber nichts und nehmen ihn nicht auf. Mag er noch so sehr die Lippen aufwerfen, wir stoßen ihn mit dem Ellbogen weg, aber mögen wir ihn noch so sehr wegstoßen, er kommt wieder.

 

 

Text: Franz Kafka, aus: Gemainschaft (1920), Titel von Brod

Bild: "KO.DE" Zeichnung auf Papier, 29 x 21 cm, 2014

 

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